Mehrere Branchen kämpfen deutschlandweit mit Fachkräftemangel und eine Besserung ist vorerst nicht in Sicht. Qualifizierte Arbeitskräfte sind gefragt und Bewerber:innen können sich bei der Jobsuche des Öfteren zwischen mehreren Unternehmen entscheiden. Viele Unternehmen nutzen ihre Chance nicht, das hat Clevis in ihrem jährlichen „Future Talents Report“ herausgefunden.
5 Ideen, wie Sie Nachwuchstalente für sich gewinnen können
8000 Praktikant:innen und Werkstudent:innen der Generationen Y und Z wurden zu ihren Erfahrungen befragt, um herauszufinden unter welchen Bedingungen sie arbeiten möchten und wo es bei Unternehmen akuten Verbesserungsbedarf gibt.
Bereits jetzt macht die Generation Y die Hälfte aller Arbeitnehmer:innen aus und ist die größte arbeitende Personengruppe. Höchste Zeit für Unternehmen, die Ansprüche der Millennials ernst zu nehmen. Zudem besitzen die Nachwuchstalente wichtige Kompetenzen in Sachen künstliche Intelligenz und Machine Learning und können Geschäftsmodelle mit ihrem „know how“ im digitalen Wandel unterstützen. Die „Kinder der Digitalisierung“ können spielend mit den neuen Technologien und Kommunikationsmöglichkeiten umgehen und sind wissbegierige und lernwillige Mitarbeiter:innen.
Hier die wichtigsten Erkenntnisse der Studie im Überblick und welche Fehler Arbeitgeber:innen machen:
1. Kontaktabbruch nach Praktikum
90 Prozent der Nachwuchstalente würden sich nach einem Praktikum prinzipiell wieder beim gleichen Unternehmen bewerben. Doch die Firmen lassen den Kontakt zu ihren ehemaligen Praktikant:innen und Werkstudent:innen abbrechen. Dabei wäre dies die perfekte Gelegenheit, um Fachkräfte frühzeitig für sich zu gewinnen. Doch zu 49 Prozent wird nach dem Praktikum kein beruflicher Kontakt mehr gepflegt. 19 Prozent der Nachwuchstalente gaben an, komplett den Kontakt zu ihrem ehemaligen Arbeitgeber verloren zu haben.
Tipp: Mit einem Alumni-Netzwerk könnten Unternehmen die Nachwuchstalente an sich binden und kontinuierlich mit aktuellen Informationen versorgen. Bei offenen Stellen könnten die Chefs hier auf einen konstanten Bewerberpool aus bekannten Personen zurückgreifen.
2. Fehlende Förderung
Die neue Generation wünscht sich explizit, durch ihre Führungskraft gefördert zu werden. Dazu gehört eine ausgeprägte Kommunikation und regelmäßiges Feedback. Fördern und gleichzeitig Fordern sind hierbei wichtig. Ein Wechselspiel aus inhaltlichen Schulungen und methodischen Weiterbildungen bilden eine gute Basis für eine/n zufriedene/n Praktikant:in. „Nur Kaffee kochen“ reicht den Nachwuchstalenten nicht mehr, sie möchten die Möglichkeit bekommen ihre Studieninhalte anzuwenden und sich zu beweisen. Dazu gehört auch die Übergabe von Verantwortung und das Zulassen von selbstständigem Arbeiten. Wer unerwünschte, langweilige und einfache Aufgaben an seine Praktikant:innen und Werkstudent:innen abgibt, macht sich unbeliebt. Hierdurch fühlen sich die Generationen Y und Z nicht ernstgenommen und unterfordert.
Auch Feedback und Kommunikation mit den Vorgesetzten ist enorm wichtig. 40 Prozent aller Praktikant:innen erhalten kein Abschlussfeedback. Trotz der Digitalisierung sollten Unternehmen Feedback immer persönlich abgeben. Dies führt zu einem Gefühl der Wertschätzung beim Empfänger und zu einer höheren Arbeitsmotivation. Interaktive Kommunikation ist Voraussetzung für individuelle Führung.
3. Der erste Eindruck zählt
Schon vor dem Arbeitsbeginn müssen Grundlagen für eine gute Zusammenarbeit und künftige Bindung gelegt werden. Viele Nachwuchstalente erhalten überhaupt keine- oder nur eine schlechte Einarbeitung. Praktikant:innen und Werkstudent:innen, die keine Einarbeitung bekommen, geben zu 52 Prozent an, sich nicht wieder beim Unternehmen bewerben zu wollen. Bei denen, die eingearbeitet wurden, würden sich hingegen 75 Prozent noch mal beim gleichen Unternehmen bewerben.
Tipp: Durch ein gutes Onboarding können Unternehmen zudem komplexere Aufgaben an ihre jungen Mitarbeiter:innen abgeben und werden rückwirkend mehr bei der Arbeit entlastet.
4. Anerkennung und flexible Arbeitszeitmodelle
Work-Life-Balance ist für Generation Y und Z sehr wichtig. Bei unbezahlten Überstunden sinkt die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen rapide. Der Future Talents Report hat festgestellt, dass bereits jedes dritte Nachwuchstalent im Praktikum Überstunden machen muss. Dabei sind nicht unbedingt die Überstunden das Problem, sondern die fehlende Anerkennung dieser. Eine Möglichkeit für Unternehmen dem entgegenzuwirken sind flexible Arbeitszeitmodelle. So können Mitarbeiter:innen die während einer stressigen Phase viele Überstunden machen, diese Zeit zu einem späteren Zeitpunkt zurückbekommen, indem sie sich freinehmen.
5. Schlechte Bezahlung
Insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen erhalten Praktikant:innen eine signifikant niedrigere Vergütung als in Konzernen. Zwar ist für die Nachwuchstalente die Bezahlung nicht das Wichtigste, aber dennoch signifikant für die Wertschätzung und Attraktivität des Arbeitgebers. Im Durchschnitt bezahlen Konzerne monatlich 1350 Euro an ihre Praktikant:innen. 230 Euro mehr als mittelständische Unternehmen. Hier ist jeder zweite Befragte unzufrieden mit seinem Gehalt. Eine höhere Bezahlung könnte sich bei Unternehmen zu einem späteren Zeitpunkt auszahlen, denn angemessen entlohnte Praktikant:innen bewerben sich vielleicht nach ihrem Abschluss erneut.
Fazit zur Mitarbeitergewinnung
Generell sind Konzerne den mittelständigen Unternehmen in mehreren Punkten weit überlegen. Bessere Bezahlung, modernere IT-Ausstattung und effektivere Mitarbeiterbindung. Mehr Nachwuchstalente, die in Konzernen gearbeitet haben, gaben an, sich wieder dort bewerben zu wollen als in kleineren Unternehmen. Die KMUs machen derzeit 59 Prozent der Arbeitsplätze hierzulande aus.
Sie sollten rechtzeitig Maßnahmen zur Mitarbeitergewinnung und -bindung einführen, um nicht von Konzernen abgehängt zu werden. Der „Future Talents Report“ appelliert an Mittelständler, sich mit den Wünschen der Nachwuchstalente auseinanderzusetzen und diese erst zu nehmen, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.